Ellbogendysplasie

Unter Ellbogendysplasie (ED) werden verschiedene Erkrankungen des Ellbogengelenkes zusammengefasst, deren Auftreten auf einer meist genetisch bedingten Veranlagung beruht, (in selteneren Fällen auch durch ein Trauma verursacht werden kann) und auf eine Skelettentwicklungsstörung zurückzuführen ist. Meist sind schnellwüchsige mittelgroße bis große Hunde davon betroffen. Gehäuft kommt eine ED-Erkrankung bei Rassen wie z.B. Rottweiler, Berner Sennenhund, Retriever, Labrador, Deutscher Schäferhund usw. vor.

Ursachen
Starke Überbelastung in der Wachstumsphase (im ersten Lebensjahr des Hundes), z. B. durch zu lange Spaziergänge, Fahrrad fahren, übermäßiges Treppen steigen, zu energiereiche Fütterung, zu „hochwertiges“ Welpenfutter oder die Zusatzfütterung von extra Mineralstoffpräparaten kann einem genetisch vorbelasteten Hund schaden und eine Ellbogengelenkserkrankung auslösen bzw. ein schnelles Fortschreiten der Erkrankung verursachen.

Es werden drei Erscheinungsformen unter dem Begriff ED zusammengefasst:
OCD, FPC und IPA

ellbogendysplasie

Bei allen drei Erscheinungsformen der ED treten als Folgeerscheinungen meist schmerzhafte Arthrosen auf. Die betroffenen Hunde zeigen Bewegungsunlust und Lahmheiten. Mit zunehmender Belastungsdauer steigen die Schmerzen, die durch passives Beugen und Strecken des Ellbogens hervorgerufen werden können. In seltenen Fällen – ohne Auftreten von freien Gelenkskörpern – kann die Krankheit durch absolute Schonung und Futterumstellung ausheilen. In der Regel müssen freie Gelenkstücke bzw. abgebrochene Knochenstücke jedoch operativ entfernt werden. Je früher Diagnose und Operation erfolgen, umso größer sind die Aussichten auf langfristige Heilung.
Wenn eine Operation nicht in Frage kommt, bieten sich alternative Behandlungsformen der ED, eine frühzeitige Physiotherapie sowie ggf. die Goldakupunktur an.

 

Die Osteochondrosis dissecans (OCD):

Aufgrund von meist genetisch bedingten Entwicklungsstörungen kommt es bei der OCD zu einer Knorpelwachstumsstörung mit mangelhafter Ausreifung beim meist jungen Hund. Bei dieser Gelenkerkrankung lösen sich – oft ausgelöst durch zu schnelles Wachstum (oder Trauma)  Knorpelstücke im Gelenk ab und führen zu schmerzhaften Entzündungen. Dabei kommt es zu einer meist irreparablen Schädigung im Gelenk. Am häufigsten ist das Schulter-, dann das Ellbogengelenk von der OCD betroffen. Aber auch im Knie- und Sprunggelenk kann sie (seltener) entstehen.
Die OCD ist eine typische Erkrankung des heranwachsenden Hundes. Sie kommt gehäuft bei mittelgroßen bis großen, schnell wachsenden, oft temperamentvollen (u. ggf. schweren) Hunderassen vor. Besonders oft betroffen sind z. B. Rottweiler, Berner Sennenhunde, Retriever, Labradore, der Deutsche Schäferhund u.s.w.  Zudem tritt die OCD häufiger bei Rüden als bei Hündinnen auf.

Ursachen der OCD
Man nimmt an, dass eine Kombination von Erbfaktoren, falscher Ernährung, ggf. auch eine Verletzung (Trauma) und eine Überbelastung des heranwachsenden Hundes zur OCD führt.
Zum Beispiel lässt eine Überversorgung des Junghundes mit Energie und Kalzium diesen zu  schnell „in die Höhe“ wachsen, jedoch ist das Skelett (Knochendichte, Knorpel usw.) zu diesem Zeitpunkt noch nicht entsprechend ausgereift. Auch zu üppige und kalorienreiche Mahlzeiten beschleunigen das Wachstum und der Hund kann dadurch zu schwer für das wachsende Skelett werden. Eine womöglich noch zusätzliche Versorgung mit kalziumhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln verschlimmert das Ganze.
Ebenso belastet zu viel Bewegung das Skelett und die Gelenke des Junghundes. Der junge Hund sollte sich beim Bewegen, Spielen und Herumtollen nicht überanstrengen. Vermieden werden sollten z. B. auch längere  Ballspiele mit abrupten Stopps und engen Wendungen – vor allem auf hartem Boden. Die Spaziergänge des Heranwachsenden Hundes sollten altersgemäß nicht zu lange sein und übermäßiges Treppen steigen sollte vermieden werden. Fahrrad fahren mit einem Hund unter einem Jahr ist tabu.

Entstehung der OCD
Um das Krankheitsgeschehen verstehen zu können, muss man den Ablauf des Knochenwachstums grob kennen:

Knochen entstehen aus Knorpelmaterial, das mit der Zeit verkalkt und sich verdickt. Quer durch den noch wachsenden Knochen verläuft eine Knorpelschicht, in der das Längenwachstum des Knochens stattfindet. An besonders belasteten Stellen im Gelenk können bei diesem Verkalkungsprozess Störungen auftreten. Dabei nimmt der Gelenkknorpel in seiner Dicke unregelmäßig zu und die darunter liegende Knorpelmasse wird ungenügend mit Nährstoffen versorgt, degeneriert und stirbt ab. Der Gelenkknorpel ist dadurch nicht mehr fest mit dem darunter liegenden Knochen verbunden und löst sich vom Knochen ab.
Es werden Abbauprodukte der abgestorbenen Knorpelzellen frei gesetzt, was eine Entzündung im Gelenk auslöst. Zusätzlich entstehen Risse im Gelenkknorpel, durch welche Gelenkflüssigkeit eindringen kann. Durch die Ansammlung der Flüssigkeit im Gelenk wird die Gelenkkapsel  „gedehnt“, es entstehen Schmerzen und der Hund lahmt. Zudem können die abgelösten „Knorpelschuppen“ – auch „Gelenk-Mäuse“ genannt – frei  im Gelenk „wandern“ oder „schwimmen“ und zusätzliche Beschwerden bereiten.

Wenn die Ursache der Erkrankung nicht behandelt wird, bleibt die Entzündung bestehen und wird chronisch. In der Folge entwickelt sich eine schmerzhafte Arthrose und es kommt mit der Zeit zu knöchernen Zubildungen in und ums Gelenk. Diese Veränderungen sind nicht mehr rückgängig zu machen und es entsteht ein bleibender schmerzhafter Schaden am Gelenk.

Symptome
Eine OCD-Erkrankung zeigt sich in der Lahmheit und Bewegungsunlust des Junghundes. Meist treten die ersten Anzeichen im Alter von 6 – 8 Monaten auf. Dabei lahmt der Hund zu Beginn der Krankheit oft nur ab und zu. Im Verlauf der Krankheit kann sich die Lahmheit verstärken und kann dazu führen, dass die erkrankte Gliedmaße gar nicht mehr richtig belastet oder abgestellt wird. Das erkrankte Bein wird in der Bewegung oft nach außen gedreht und gleichzeitig an den Körper gedrückt. Ebenso kann das betroffene Gelenk verdickt (angeschwollen) sein.

Tierärztliche Diagnose und Behandlung
Der Tierarzt wird eine sorgfältige Lahmheitsuntersuchung durchführen und eine Röntgenaufnahme des betroffenen Gelenkes machen. Auf dem Röntgenbild kann der Tierarzt Veränderungen der Wachstumsfugen im Gelenk oder Knorpelablösungen feststellen und über die weitere Behandlung entscheiden.
Wenn die Krankheit sehr früh erkannt wird, kann eine Futterumstellung und strikter Leinenzwang für 2-3 Monate als Therapie ggf. ausreichend sein. In vielen Fällen muss der Hund jedoch operiert werden. Je frühzeitiger die Operation stattfindet, desto besser die Prognose. Ihr Tierarzt wird Sie hierüber ausführlich informieren.

 

Fragmentierter Processus Coronoideus medialis (FPC):

FPC wird auch als „gebrochener Kronenfortsatz“ bezeichnet.
Bei dem „Processus coronoideus medialis ulnae“ handelt es sich um den inneren Kronenfortsatz der Elle, welcher bei Hunden großwüchsiger Rassen erst im Alter von vier bis fünf Monaten verknöchert. Bis zu diesem Zeitpunkt ist er sehr empfindlich gegenüber jeglicher Überbelastung.

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Kommt es durch unterschiedliches Längenwachstum von Elle und Speiche, (d.h. verzögertem Wachstum der Speiche) zu einer Stufenbildung mit zu kurzer Speiche im Ellbogengelenk, kann der Kronenfortsatz durch Überbelastung von der zu langen Elle partiell abbrechen. Ein typisches Symptom ist eine Gelenkabduktion, d. h. ein nach außen gedreher Ellbogen (sog. „Charly-Chaplin-Stellung“).

FPC tritt bei vielen Hunden an beiden Vordergliedmaßen auf. Eine daraufhin beiderseits bestehende geringe Lahmheit ist schwierig zu erkennen. So bedarf es oft eines zusätzlichen Traumas (mechanische Einwirkung) an einer der beiden Vordergliedmaßen, bis der Hundehalter an dem stärker schmerzhaften Bein eine Lahmheit erkennt. Zu diesem Zeitpunkt haben die Hunde nicht selten schon ein Alter von 10 bis 14 Monaten erreicht und die Arthrosen sind entsprechend weit fortgeschritten.

 

Isolierter Processus Anconaeus (IPA):

Beim Processus Anconaeus (IPA) handelt es sich um einen Knochenvorsprung der Elle, dessen Wachstumsfuge im Alter von 16 bis 20 Wochen geschlossen sein sollte. Fehlt diese knöcherne Verbindung, kommt es zu einem verzögerten Längenwachstum der Elle. Die dadurch entstehende Druckveränderung führt in seiner Wachstumsfuge zu Störungen der Verknöcherung und zum sog. „Isolierten Processus Anconaeus“. Bei einer zu engen Gelenkpfanne der Elle entsteht Druck auf den Processus Anconaeus und dem mittleren Kronenfortsatz.

Bis zum Alter von sieben Monaten kann versucht werden, den Processus Anconaeus mit einer Schraube zu fixieren.

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Die Hunde zeigen oft eine typische Schonhaltung mit nach außen gedrehten Pfoten und Unterarmen und nach innen gedrehtem Ellenbogen.
IPA tritt besonders häufig beim Deutschen Schäferhund auf.

 

Physiotherapie bei allen drei ED-Erkrankungen

Die Schmerzlinderung (auch der nicht betroffenen, aber durch Schonhaltung überlasteten anderen Gliedmaßen und Gelenke) steht bei der physiotherapeutischen Behandlung im Vordergrund. Dabei können klassische physiotherapeutische Maßnahmen und zusätzlich  Akupunktur und Myoreflextherapie angewandt werden.  Im Anschluss daran folgen Übungen zur Muskelstabilisation bzw. gelenkschonender Muskelaufbau und Mobilisation.

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© Petra Schneider,   info@healthydog.de