Der junge Hund

Vorbeugen von Skelett- und Gelenkerkrankungen von Anfang an

Skelett- und Gelenkerkrankungen sowie Schädigungen der Wirbelsäule können durch eine altersgerechte, bewusste Ernährung/Haltung und Vermeiden von bewegungsmäßiger Überbelastung – vor allem in den ersten 12 Lebensmonaten des Hundes – vorgebeugt werden.

Zwischen dem 2./3. und 8. Lebensmonat befindet sich der Welpe bzw. Junghund in seiner wichtigsten Wachstumsphase. D. h. in dieser Zeit werden vor allem die langen Röhrenknochen der Gliedmaßen verlängert, der Hund gewinnt schnell an Größe und vor allem großwüchsige Hunde „schießen“ regelrecht in die Höhe. Das schnelle Längenwachstum der Knochen beinhaltet jedoch nicht automatisch auch ein schnelles „Dickenwachstum“. D.h. die Knochen (und die damit in Verbindungen stehenden Gelenke) sind noch nicht stabil und belastbar und auch die Muskulatur (vor allem Faszien und Bindegewebe) haben noch nicht die Stabilität eines erwachsenen Hundes.
Gerade auch der Beckenbereich (Kreuzbein/Hüfte) ist erst im Alter von ca. 2 Jahren beim Hund richtig verknöchert und entsprechend stabil.

Je schneller die Knochen in die Länge wachsen, desto länger dauert es, bis sie in ihrer Knochendichte „ausgebaut“ sind und desto anfälliger ist der Junghund für Erkrankungen am Bewegungsapparat, vor allem auch an Gelenkerkrankungen.

Kleinwüchsige Hunde haben ihre eigentliche Größe schon mit 6 Monaten erreicht, mittel- und großwüchsige Hunde erreichen ca. 90 – 95 % ihrer Körpergröße im Alter von 8 bis 12 Monaten und sind – je nach Rasse – jedoch erst mit 18 bis 24 Monaten voll ausgewachsen.

Fütterung des Junghundes

Das Knochenwachstum ist auch von der Ernährung, d. h. vom Protein- und Mineralstoffgehalt im Futter abhängig. Ein Zuviel an Protein und Mineralstoffen (z. B. Calcium) verursacht ggf. ein zu schnelles Wachstum, was zu frühzeitigen Skelett- und Gelenkproblemen oder zu ungleichem Knochenwachstum führen kann. Vor allem bei mittelgroßen, großwüchsigen und schweren Hunderassen ist deshalb eine eiweiß- und energiearme Ernährung und das Vermeiden von Übergewicht wichtig. Auch sollten keine  zusätzlichen Mineralstoffe und Calcium bei Fütterung von Industrietrockenfutter zugeführt werden. Trockenfutter sollte einen geringen Proteingehalt (von max. 20 %) aufweisen.

Bewegung des Junghundes

Die 5-Minuten-Spaziergang-Faustregel
Für mittel-, großwüchsige und schwere Hunderassen wird zu einer Spaziergangdauer von nicht länger als „5 Minuten pro Lebensmonat“ geraten. Das bedeutet  für einen 6 Monate alten Hund ein „Gassi“ von nur ca. 30 Minuten. Auch wenn Ihr Hund nicht zu den HD-gefährdeten Hunderassen gehört, sollten Sie ggf. diese Faustregel beachten. Zu lange Spaziergänge im ersten Lebensjahr belasten nicht nur die Hüfte, sondern alle Gelenke und den gesamten Bewegungsapparat.
Durch eigenmotiviertes, unaufgefordertes Toben, Rennen und Spielen (gerne mit anderen Hunden) sättigt der Welpe und Junghund schon selbst einen Großteil seines Bewegungsbedarfes. Spaziergänge kann der Hundebesitzer „regeln“.

Was tun, wenn der junge Hund durch Bewegung nicht müde zu bekommen ist?
Viele Hundebesitzer reagieren durch Unwissenheit oft falsch darauf und möchten mit Spiel, Spaß, Beschäftigung und Bewegung den jungen Hund müde machen. Wenn jedoch als Antwort auf den ständigen Spiel- und Unternehmungsdrang des Hundes ein umfangreiches und ausdauerndes Spiel- und Beschäftigungsprogramm folgt, beginnt oft (bei einem Hund mit entsprechender Veranlagung)  eine Beschäftigungsspirale, die sich unaufhörlich drehen kann. Abgesehen von der dadurch entstehenden Überbelastung des Bewegungsapparates des jungen Hundes können sich daraus auch später überdrehte vierbeinige Bewegungs-, Ball-, Frisbee-und Agility-Junkies entwickeln.
Möchte Ihr Welpe oder Junghund nicht müde werden, dann bitte keineswegs ständig weiteres Spiel/Beschäftigung, vermehrte Bewegung, verlängerte Spaziergänge und Action anbieten. Versuchen Sie Ihren Hund zur „Ruhe“ zu erziehen.

Je größer und schwerer der Hund (bzw. die Hunderasse),
umso wichtiger ist die Vorsicht in
den ersten 12 Lebensmonaten.

Weitere Empfehlungen für das erste Lebensjahr, um eine bewegungsmäßige Überbelastung – vor allem von mittel- und großwüchsigen Hunden – zu vermeiden:

  • Vermeiden von übermäßigem und  häufigem Hüpfen und Springen (belastet Becken- bzw. Hüftbereich und die Wirbelsäule – vor allem der Übergang von Lendenwirbelsäule zum Kreuzbein (Cauda-Equina) wird stark gestaucht)
  • Benutzen einer Einstiegshilfe für das Einsteigen ins Auto (u. Aussteigen)
    (entlastet die Hüfte beim Einsteigen, Schulter und Brustwirbelsäule beim Aussteigen)
  • nur gemäßigte und kurze Ballspiele, bitte keine Schleuderbälle benutzen (starke Stauchung der Wirbelsäule (Cauda-Equina) und des Carpalgelenkes)
  • den Hund nicht zum „in die Luft hüpfen“ (z.B. um ein Spielzeug in der Luft zu fangen) animieren (belastet sehr stark die Wirbelsäule, Cauda-Equina, Hüfte und das Iliosacralgelenk)
  • so lange wie möglich, regelmäßiges und häufiges Treppensteigen vermeiden (starke Belastung der Hüfte)
  • kein Springen über Hindernisse (belastet Gelenke, Hüfte und Wirbelsäule)
  • Vermeiden von Spielen und Rennen auf glatten Böden (Ausrutschgefahr)
    (Überbelastung der Gelenke, vor allem Überdehnung des Hüftgelenks und Bänder)
  • Hundesport erst ab dem 1. Lebensjahr (idealerweise erst später und erst wenn der Hunde eine gute Muskulatur aufgebaut hat) – dasselbe gilt für das Laufen am Fahrrad und Joggen

Weitere Empfehlung:
Verwenden eines (passenden) Hundegeschirrs (anstatt eines Halsbandes), wenn der Hund (noch) an der Leine zieht (entlastet die Nackenmuskulatur und Wirbelsäule).

Bei kleinen, kleineren und/oder leichtgewichtigen Hunden (die im Erwachsenenalter ein Gewicht bis max. ca. 20 kg auf die Waage bringen) kann bei o.a. Empfehlungen ggf. das eine oder andere Auge zugedrückt werden.
Bei mittelgroßen und mittelschweren Hunden (Erwachsenengewicht ca. 20-30 kg) sollte deutlich mehr Augenmerk darauf gelegt werden.
Je größer und schwerer der Hund (Erwachsenengewicht über 30 kg), umso wichtiger ist es, die Empfehlungen einzuhalten.

Ihr Hund soll sicherlich nicht „in Watte eingepackt“ werden, aber mit diesem Hintergrundwissen – gepaart mit einem gesunden Menschenverstand – können Sie viel für Ihren Junghund tun. Seine Lebens- und Spielfreude wird durch ein paar Vorsichtsmaßnahmen (Einschränkungen)  im ersten Lebensjahr nicht getrübt, jedoch sein Skelett, die Gelenke und Wirbelsäule in ihrer Entwicklungsphase geschont und entsprechende Erkrankungen vorgebeugt.
Auch kleine Schädigungen am Bewegungsapparat (oder Gelenkknorpel), die sich der Welpe oder Junghund in den ersten 12-15 Lebensmonaten „holt“ und ggf. gar nicht wirklich bemerkt werden, können später im Erwachsenenalter – jedoch ganz sicher im ALTER – heftig zu Buche schlagen.